Im Klartext Überflutungen: Hochwasser und Starkregen www.dwa.de ©ferkelraggae – stock.adobe.com
Impressum Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) Theodor-Heuss-Allee 17 · 53773 Hennef Telefon: +49 2242 872-333 info@dwa.de · www.dwa.de Text: Christa Becker, Köln Alexandra Bartschat, DWA Redaktion/Satz: DWA, Hennef Druck: Siebengebirgsdruck, Bad Honnef © DWA, 2. überarbeitete Auflage, Hennef 2023
Inhalt Im Klartext Überflutungen: Hochwasser und Starkregen............... 5 Überflutungen Eine Gefahr - zwei Gesichter........................................ 6 Wasser und Mensch Gestern und heute......................................................... 8 Die neuen Richtlinien Bewertung und Warnung.............................................. 10 Öffentliche Prävention Von der Information bis zur Bebauung......................... 12 Persönliche Vorsorge In den Händen der Bürger*innen................................. 15 Der Wassereinbruch Verhalten vor, bei und nach dem Ernstfall.................... 17 Gegen das Vergessen – Handeln Vorsorge fängt beim Einzelnen an................................ 18 Auf einen Blick Apps und Adressen....................................................... 20 Auf einen Blick QR-Codes Hilfsangebote............................................... 21
© Joseph Thomas – pixabay 4
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 5 Aus den Augen, aus dem Sinn Nicht immer ist die Infrastruktur den Wassermassen gewachsen, die bei extremem Starkregen herabstürzen. Kanäle sind dann schnell überfüllt, Wasserrückhaltebecken voll, Deiche im schlimmsten Fall gebrochen oder überströmt. Wir erinnern uns mit Schrecken an die Überflutungen von Ahr und Erft im Juli 2021, aber auch an die Bilder der großen Hochwasser an Elbe und Donau 1997, 2002, 2010 und 2013. Tote, zerstörte Existenzen, verzweifelte Menschen. Doch je länger Katastrophen zurückliegen, desto mehr geraten sie in Vergessenheit. Diese „Hochwasser-Demenz“ führt dazu, Risiken zu unterschätzen. Dabei können Überflutungen (fast) jeden treffen, nicht nur Menschen, die in der Nähe eines Gewässers leben. Steht das Haus am Hang oder in einer Senke, muss man bei Starkregen mit Sturzfluten rechnen, die zu einem „Land unter“ führen, mit zumeist beträchtlichen Schäden. Um Tragödien zu vermeiden und Gefahrenpotenziale zu minimieren, haben sich in den vergangenen Jahren Politik, Wissenschaft und Wasserwirtschaftsverbände intensiv mit der HochwasserPrävention beschäftigt, so auch die DWA. Das Schutzniveau, vor allem an den großen Flüssen, wurde vielerorts deutlich erhöht. Dennoch gilt: Absolute Sicherheit gibt es nicht und wird es niemals geben. Um sich und seinen Besitz zu schützen, kann man jedoch einiges tun. Das Wasserhaushaltsgesetz schreibt vor, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst angemessen vorsorgen müssen, um Überflutungen und ihre Folgen zu vermeiden. In dieser Broschüre finden Sie daher Informationen und Tipps für den Hausbau, die individuelle Risikoeinschätzung und für richtiges Verhalten.Diese Broschüre zeigt aber auch, was Länder und Kommunen zum zum Schutz vor Hochwasser und Sturzfluten beitragen. Im Klartext Überflutungen: Hochwasser und Starkregen
Hans Braxmeier – pixabay Hans Braxmeier – pixabay 6 Überflutungen Eine Gefahr - zwei Gesichter Wer in der Nähe eines Gewässers wohnt, lebt auch mit seinen Gefahren. Lang anhaltende Niederschläge im Frühling, in Kombination mit der Schneeschmelze, lassen Flüsse anschwellen und über die Ufer treten. Hinzu kommt, dass Kanalisation und Böden große Regenmengen irgendwann nicht mehr aufnehmen können – Kanalsysteme sind überlastet und Böden mit Wasser gesättigt. Ein weiteres Problem: es fehlen natürliche Versickerungsmöglichkeiten. Viele Flächen sind versiegelt - mit Stein, Beton oder Asphalt. Das Wasser fließt über die Oberfläche. Die Folge: Überschwemmung. Die Gefahren für die Anwohner*innen erhöhen sich mit dem Flussverlauf: Erreichen die Hochwasserwellen der Nebenflüsse das Hauptgewässer, steigt dieses nochmals deutlich an. Kommt Treibgut hinzu, kann dieses Kanalöffnungen verstopfen, Brückendurchlässe unpassierbar machen oder andere Engpässe verriegeln. Die Folge: Das Wasser staut sich vor den Hindernissen. Hochwasser, das an den Pegelanstiegen von Flüssen abgelesen wird, kann relativ gut vorhergesagt werden, denn zumeist gibt es eine längere Vorwarnzeit. Die Internetseiten der Hochwasserzentralen der Bundesländer (www.hochwasserzentralen.de) informieren über den jeweils aktuellen Pegelstand. Zum Schutz der Menschen und ihres Eigentums können zahlreiche Schritte unternommen werden, von guter Kommunikation bis zur Evakuierung. Die meisten Kommunen haben mittlerweile von den Bundesländern erarbeitete Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten veröffentlicht, aus denen Viele Tote, riesige Schäden, immense Kosten Das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vom Juli 2021 kostete mehr als 180 Menschen das Leben. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die Schäden auf acht Milliarden Euro. Der Staat hat für den Wiederaufbau 30 Milliarden Euro bereitgestellt. © Hans Braxmeier – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 7 die Gefährdung des eigenen Wohn- oder Arbeitsbereichs abgelesen werden kann. Ganz anders verhält es sich bei Sturzfluten, die oftmals durch Starkregen verursacht werden, zum Beispiel bei sommerlichen Gewittern. Hier ist die Vorwarnzeit (www. klimanavigator.eu) zumeist extrem kurz. Starkregen können in Deutschland überall auftreten. Sturzfluten entstehen in hügeligem oder gebirgigen Gelände. Das Wasser schießt Hänge und steile Straßen hinab. Siedlungsbereiche entlang der Fließwege sowie in Senken und Mulden sind von Sturzfluten besonders stark betroffen. Sturzfluten entfalten ihre zerstörerische Wirkung, wenn kleine Bäche plötzlich zu ungezähmten Fluten werden und Geröll, Äste, Gartenmöbel und selbst Autos oder Öltanks mit sich reißen. Die aus den lokalen Sturzfluten entstehenden wirtschaftlichen Schäden entsprechen mittlerweile denen großräumiger Überflutungen. Starkregen zählt zu den Wetterphänomenen, die – bedingt durch den Klimawandel – künftig verstärkt auftreten werden: Wärmere Luft nimmt mehr Wasser auf als kalte und transportiert somit mehr Feuchtigkeit, die schließlich als Regen niedergeht. Pro Grad Celsius steigt der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und damit das Niederschlagsvolumen um sieben Prozent. Veränderte Windverhältnisse sorgen dafür, dass Regengebiete öfter auf der Stelle verharren und nicht weiterziehen. Die Folge: Überflutungen in unseren Städten und Gemeinden. Auch wenn die unmittelbare Gefahrenabwehr bei Sturzfluten schwierig ist, können mittlerweile mithilfe von ähnlichen Berechnungsmethoden wie beim Flusshochwasser Risikobereiche identifiziert und effektive Präventionsmaßnahmen geplant werden, die zur Schadensminderung beitragen. Regenmengen - Warnkriterien des Deutschen Wetterdienstes Starkregen: > 40 Liter/Quadratmeter in einer Stunde oder > 60 Liter/Quadratmeter in sechs Stunden Dauerregen: > 70 Liter/Quadratmeter in zwölf Stunden © Prof. Theo Schmitt
8 Wasser und Mensch Gestern und heute durch den Assuan-Staudamm verhindert. Dafür muss der Boden gedüngt werden, um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern. Der Mensch lebte also schon immer am, vom und mit dem Wasser. Allerdings griff er mehr und mehr in die Natur ein. Immer mehr Gebäude und Straßen versiegeln die Böden, landwirtschaftliche Anbaumethoden und befestigte Verkehrswege verdichten sie. Die Speicherfähigkeit der Böden wurde extrem verringert. Waldböden, die bis zu 75 Liter Wasser pro Quadratmeter aufnehmen können, wurden gerodet und in Weideflächen überführt, deren Aufnahmekapazität bei Trinkwasser, Nahrungsquelle, Energieversorgung und Transportmittel – all das verbinden Menschen bereits seit ihren frühesten Siedlungstagen mit einem Fluss. Regelmäßige Überflutungen waren für sie kein Problem, denn sie kannten auch ihre Vorteile: Auen können sich regenerieren, fruchtbares Sediment lagert sich ab, Ernten werden üppiger. Das bekannteste Beispiel für ein Miteinander von Mensch und Flusshochwasser zeigte sich am Nil: Die regelmäßige Nilflut war die Basis für einen funktionierenden Ackerbau. Blieb das Hochwasser aus, konnte es zu Hungersnöten kommen. Heute werden diese Überschwemmungen © Hermann Traub – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 9 nur 20 Litern Wasser pro Quadratmeter liegt. Natürliche Flussauen wurden trockengelegt, um auch sie wirtschaftlich zu nutzen. Das Resultat: Niederschläge können nur noch in geringerem Maße in die Böden eindringen, das Wasser fließt über die Oberfläche ab. Der Mangel an natürlichem Rückhalteraum führt zu einer „Abflussverschärfung“ und somit zu einer erhöhten Gefährdungslage. Hinzu kommen Flussbegradigungen, die die Fließgeschwindigkeit des Wassers beschleunigen. In den Oberläufen der Gewässer vermindert der beschleunigte Abfluss die Hochwassersituation, doch beim Zusammentreffen mehrerer Hochwasserwellen aus Nebenflüssen führt dies zu ihrer Überlagerung und somit oftmals zu einer Erhöhung der Schadensbilanz bei der flussabwärts wohnenden Bevölkerung. Hochwasserkatastrophen gab es auch in früheren Jahrhunderten, doch ihr wirtschaftlicher Schaden hat sich in jüngerer Zeit vervielfacht. Eine Folge der engen Bebauung und der veränderten Lebensweisen: Die Nutzung der Flächen wurde intensiver, die Immobilien in den überflutungsgefährdeten Bereichen wertvoller, auch, weil eine Lage am Wasser attraktiv ist. Schäden durch Hochwasser gerieten trotzdem immer wieder rasch in Vergessenheit. Erst die extremen Hochwasser der letzten Jahrzehnte und ihre immense Zerstörungskraft führten zu einem Umdenken und zu konkreten Präventivmaßnahmen. © Cheyenne Reeves – pixabay
10 Die neuen Richtlinien Bewertung und Warnung Überflutungen machen an Landesgrenzen nicht halt. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts führten sie zu einer engeren Zusammenarbeit der Staaten und zu einem gemeinsamen Maßnahmenkatalog. Im Jahr 2007 hat die Europäische Union die „HochwasserrisikomanagementRichtlinie“ erlassen. Sie wurde 2010 ins Wasserhaushaltsgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Sie ist auch Basis für die Bewertung von Hochwassergefahren durch die Bundesländer. Grundlage ist die statistische Wahrscheinlichkeit, nach der mit einem Hochwasser zu rechnen ist. Hierzu wurden drei sogenannte HQ-Kategorien definiert. Wegen des fortschreitenden Klimawandels ist jedoch zu erwarten, dass die den Kategorien zugrundeliegenden Abflussmengen höher werden. HQ 10 bis HQ 30, je nach Bundesland (häufig): Hochwasser, das rein rechnerisch einmal in zehn Jahren vorkommt. Der Schutz vor möglichen Schäden ist in der Regel gut, da Uferböschungen und Uferrandstreifen zumeist darauf ausgelegt sind, dass der Fluss leicht ausufert. Die betroffenen Anwohner*innen kennen die Risiken und sind vorbereitet. HQ 100 (mittel): Hochwasser, das statistisch betrachtet etwa einmal in 100 Jahren erwartet wird. Der technische Hochwasserschutz, zum Beispiel Deichanlagen, kommt bei diesen Ereignissen zwar oft an seine Grenzen, reicht in der Regel jedoch aus. HQ extrem (selten): Ein sehr selten auftretendes Hochwasser, für das der vorhandene technische Schutz in der Regel nicht konzipiert ist. Verheerende Schäden können die Folge sein. In den betroffenen Gebieten sollte unbedingt zusätzlich vorgesorgt werden, neben eigenen baulichen Schutzvorrichtungen auch durch Fluchtwegepläne, Notfallgepäck und finanzielle Rückstellungen. © WikiImages – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 11 Die Bundesländer sind für die Warn- und Alarmabstufungen zuständig. Diese werden unterschiedlich bezeichnet, sind inhaltlich jedoch ähnlich: Stufe 1: Der Wasserstand überschreitet den Richtwert, ein weiterer Anstieg droht, stellenweise gibt es bereits Ausuferungen und erste Überflutungen. Mit dem Meldedienst sind Analysen und Überprüfungen verbunden. Stufe 2: Land- und forstwirtschaftliche Flächen sind überflutet, es gibt leichte Behinderungen auf den Verkehrswegen. Vom Kontrolldienst werden gefährdete Bauwerke, Wehre, Deiche und Gewässerabschnitte beobachtet, eventuelle Ablaufhindernisse beseitigt. Stufe 3: Einzelne Grundstücke sind bereits überflutet, überörtliche Verkehrsverbindungen unterbrochen bzw. gesperrt. Wachdienste sind permanent im Einsatz. Sie kontrollieren Gefährdungsbereiche und beheben eventuelle Schäden an den Schutzanlagen. Abwehrmittel (Sandsäcke, Mobildeiche, Dammbalken usw.) werden eingesetzt. Die Kommunen stellen Helfer*innen zur Verfügung. HQ – was steckt dahinter? H steht für Hochwasser. Das Q leitet sich vom lateinischen „quantitas“ = Menge ab. Es bezeichnet die Ab- bzw. Durchflussmenge des Wassers, also das Volumen, das innerhalb einer bestimmten Zeit in einem definierten Wassereinzugsgebiet weg- oder durchfließt. HQ hat sich als Kürzel für Hochwasser an Fließgewässern durchgesetzt. An Seen und an Küsten spricht man dagegen von HochwasserWasserstand, kurz HW. Stufe 4: Die Überflutung umfasst größere bebaute Bereiche und Verkehrsstrecken. Zuvor erstellte Gefahren- und Abwehrpläne werden von behördlicher Seite umgesetzt. Die Deichverteidigung kümmert sich um die Funktionssicherheit der Schutzanlagen, der Katastrophenschutz betreut die Menschen und bereitet eine mögliche Evakuierung vor.
12 Öffentliche Prävention Von der Information bis zur Bebauung Eine wichtige Aufgabe der Kommunen ist die Informationsvorsorge. Städte und Gemeinden müssen ihren Bürgerinnen und Bürgern Material zur Verfügung stellen, das sie in die Lage versetzt, sich ein Bild von der eigenen Gefährdungslage zu machen. Hierzu zählen nicht nur Flyer, Broschüren und Webseiten, sondern auch Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten, die die Überflutungsflächen ausweisen und Gefahrenpunkte (Umspannungswerke, Gefahrgutlager oder Kläranlagen) sowie Schadenspotenziale (Gebäude, Wirtschaftsgüter, Infrastruktur) kennzeichnen. Der Klimawandel Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) trägt regelmäßig die aktuellen Erkenntnisse rund ums Klima zusammen und bewertet sie. Er bietet die Grundlage für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen, indem er Handlungsoptionen aufzeigt, ohne jedoch konkrete Lösungen vorzuschlagen. Band eins und zwei des sechsten IPCC-Reports sind Ende 2021 und Anfang 2022 erschienen, Band zwei und drei sollen im Laufe des Jahres veröffentlicht werden. www.de-ipcc.de Starkregen vorhersagen?! Modellrechnungen zeigen, ob und wann bestimmte Regionen bei Starkregen überflutet werden. Die Regenstärke und die Geländeoberfläche sind wichtige Indikatoren hierfür. Einschätzungen zu Regenverdunstung, Versickerung und Abfluss über das Kanalnetz werden zumeist nicht eingerechnet, um eine maximal ungünstige Konstellation abzubilden. Die Modellrechnungen gehen oftmals von einem einstündigen Niederschlag aus. © Hans Braxmeier – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 13 In die Zuständigkeit der Kommunen fällt es auch, Alarm- und Einsatzpläne für die verschiedenen Hochwasserstufen aufzustellen und Hochwasserwarnungen zu organisieren. Hierbei sollen sie eng mit regionalen sowie den Fachverwaltungen der Länder zusammenarbeiten. Im Katastrophenfall werden zunächst die lokalen und dann die regionalen Kräfte des Katastrophenschutzes (Feuerwehren, Technisches Hilfswerk) eingesetzt. Weitere Hilfsorganisationen zum Schutz der Bürger*innen kommen hinzu. Kommt es zum Hochwassereinsatz, organisieren die zuständigen Behörden die Überwachung der Deiche, um mögliche Schäden wie Austritt von Sickerwasser, Rutschungen, Böschungsrisse, Uferabbrüche oder Überströmungen zu erkennen und umgehend für geeignete Maßnahmen zu sorgen. Je nach Situation werden hierfür Dammbalken-, Tor- und Klappsysteme und auch Sandsäcke eingesetzt. Langfristig angelegt ist die Flächenvorsorge von Ländern und Kommunen. Ziel ist es, in Überschwemmungsgebieten Gefahren- und Risikokarten – der Unterschied Die Fachwelt unterscheidet zwischen Hochwassergefahrenkarten, Hochwasserrisikokarten, Starkregengefahrenkarten und Starkregenrisikokarten. Gefahrenkarten geben darüber Aufschluss, ob ein bestimmter Bereich überflutungsgefährdet ist und mit welchem Ausmaß der Überschwemmung (Fläche, Wassertiefe) man rechnen muss. Risikokarten benennen dagegen das Schadenspotenzial. Sie machen Angaben zu potenziell betroffenen Einwohnern, die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit in einem betroffenen Gebiet und die Anzahl von Industrieanlagen, von denen bei einer Überflutung von einer Verunreinigung der Landschaft und der Gewässer ausgegangen werden kann. © WasserBLIcK/BfG, Hochwassergefahren- und Hochwasser- risikokarten nach HWRMRL, 11.04.2022; Datenquelle: Zuständige Behörden der Länder
14 Polder – Wirkungsvoller Wasserrückhalt Polder sind Rückhalteräume für Hochwasser. Sie befinden sich in unmittelbarer Nähe von fließenden Gewässern, sind durch Deiche von der Umgebung abgetrennt und dienen als Überflutungsflächen. Da sie niedrig gelegen sind, können sie bei Flusshochwasser gezielt geöffnet und geflutet werden. Der Scheitel der Flutwelle wird abgesenkt. nicht oder zumindest hochwasserangepasst zu bauen. Das Instrument hierfür sind Flächennutzungspläne, die festlegen, wie der zur Verfügung stehende Raum verwendet werden darf. Bei der Flächenvorsorge geht es aber auch darum, Rückhalteräume für Gewässer zu schaffen. Mögliche Schäden in den Gefährdungsbereichen sollen so minimiert werden. Multifunktionsflächen, die so konzipiert sind, dass sie in Trockenzeiten als Spielplatz, Grünfläche oder auch Parkplatz dienen, sammeln aufgrund ihrer Muldengestaltung bei Regen das Wasser. Die Renaturierung von Gewässern und Auen sind weitere wirksame Mittel im Hochwasserschutz. Hier wird Wasser über längere Zeit gespeichert, bevor es mit den sinkenden Wasserständen langsam wieder abfließt. Auch Stauseen, Polder und Deiche tragen zur Entspannung der Lage bei. © Albrecht Fietz – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 15 Persönliche Vorsorge In den Händen der Bürger*innen Beim Hochwasserschutz ist nicht nur der Staat gefordert, auch die Bürger*innen müssen gegen Überschwemmungsrisiken vorsorgen. Das schreibt das „Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes“ vor. Zu nennen sind hier die Bau-, Risiko- und Verhaltensvorsorge. Die Bauvorsorge betrifft vor allem die Eigentümer*innen von Immobilien. Das ist zu tun: \ Lage des Grundstücks mit Blick auf mögliche Gefährdungen bewerten \ Gebäude in Bezug auf vorhandenen Schutz analysieren \ Mobile Schutzelemente anschaffen Überflutungen: Hochwasser und Starkregen Gefahrenstellen am Haus Grafik: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) Quelle: DWA (Keller)Fenster und Lichtschächte Regenwasser Durchnässte Außenwände Keller Regenwasser Regenwasser Türen und Tore Regenwasser Bodenplatten und Kellerwände Grundwasser Rückstau aus der Kanalisation Abwasser Zufahrten und Garagen Regenwasser Frischwasser, Gas, Strom Undichte Leitungen
16 Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten der Kommunen, zumeist im Internet verfügbar, geben über individuelle Risiken Auskunft. Das Gebäude selbst kann man durch Expert*innen (www. hkc-online.de) überprüfen lassen. Durch welche Öffnungen, also Fenster, Türen, Luken, kann Wasser eindringen? Sind die Außenwände, Fugen und Kabelkanäle dicht? Kann das Fundament unterspült werden? Welche Baustoffe wurden in den gefährdeten Bereichen - Keller, Souterrain und Erdgeschoss - verwendet? Gibt es eine Ölheizung? Ist der Tank gegen Aufschwimmen und Eindringen von Wasser gesichert? Existiert ein eigener Stromkreislauf im Keller, damit nicht die Elektrizität im ganzen Haus abgestellt werden muss? Verhindert eine Rückstauklappe das Eindringen von Schmutzwasser aus der Kanalisation? Mit passgenauen Einsatzelementen für Tür- und Fensteröffnungen und einem Dammbalkensystem für den Eingangsbereich lassen sich größere Schäden vermeiden. Keinesfalls fehlen dürfen Dichtfolie sowie Sandsäcke, die mit einem Sand-Kies-Gemisch gefüllt werden. Hochwasser wird im Hinblick auf die finanziellen Folgen noch immer unterschätzt. Die Risikovorsorge federt Schäden aus Naturgewalten ab. Was ist zu tun? \ Elementarschadenversicherung abschließen \ Prüfen, ob die Versicherung auch den Hausrat beinhaltet \ Rücklagen für den Katastrophenfall bilden © Markus Distelrath – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 17 Der Wassereinbruch Verhalten vor, bei und nach dem Ernstfall Die Verhaltensvorsorge betrifft das individuelle Handeln im Ernstfall, aber auch davor und danach. Sie ist ebenfalls gesetzlich verankert. Bürger*innen sind verpflichtet, sich über den aktuellen Stand einer Hochwasserlage zu informieren. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: \ Hochwasserzentralen \ Wetterdienste \ Radio und Fernsehen \ Warn-Apps Hier ein paar Tipps, was noch getan werden kann: \ Absprache mit Nachbarn und kommunalen Stellen, um hochwassersichere Wege und Sammelpunkte festzulegen \ Eine innerfamiliäre Aufgabenverteilung und einen Ablaufplan für den Ernstfall festlegen. Das spart Zeit und schafft Sicherheit \ Wasserdichte Notfalltaschen mit Kleidung, Medikamenten, Wertsachen und wichtigen Unterlagen befüllen \ Einen Vorrat an Trinkwasser und Lebensmitteln anlegen \ Taschenlampe und Ersatzbatterien griffbereit haben \ Mobiltelefone rechtzeitig aufladen \ UKW-Radio mit Ersatzbatterien bereit halten Achtung: Alle Maßnahmen frühzeitig umsetzen. Tür- und Fensteröffnungen, Lichtschächte und Einfahrten schließen und sichern. Wichtig: Den Strom abschalten! Reihenfolge beachten: Zuerst hilfsbedürftige Personen in Sicherheit bringen, dann die Nutz- und Haustiere. Fahrzeuge und bewegliche Güter aus dem Außenbereich an sicheren Orten deponieren. Gefahrenstoffe und wertvolles Mobiliar in den oberen Stockwerken lagern, solange dies gefahrlos möglich ist. Bei einer Evakuierung die Anweisungen der Behörden befolgen! © Markus Distelrath – pixabay
18 Vorsicht bei Räumen, die unter Wasser stehen. Öffnet sich die Tür nach innen, ist durch den steigenden Wasserdruck der Rückweg versperrt. Nicht mehr in den Keller oder die Garage gehen, wenn dort bereits Wasser eindringt! Überflutete Straßen und Uferbereiche wegen Rutschgefahr und Unterspülung meiden. Fatal: „Hochwassertourismus“ in gefährdeten Bereichen. Einsatzkräfte werden behindert. Zieht sich das Wasser zurück, hinterlässt es eine Spur der Verwüstung. Bevor Sie mit den Aufräumarbeiten beginnen, sollten Sie alle Schäden für eine Meldung an die Versicherung fotografieren und dokumentieren, um Ihren Anspruch belegen zu können. Bei den Aufräum- und Reinigungsarbeiten unbedingt Schutzkleidung wie Gummistiefel und Gummihandschuhe tragen. Wasser und Schlamm sind häufig mit Giftstoffen, Fäkalien, Benzin oder Heizöl kontaminiert. Bei der Wiederherstellung der Haustechnik sollten Sie Fachleute wie Installateur*innen, Elektriker*innen usw. zu Rate ziehen, bei Fragen zur Statik Baugutachter*innen, Baufirmen oder Architekt*innen. Bei einem möglichen Insektenbefall empfiehlt es sich, eine*n Kammerjäger*in anzusprechen. Weitere Tipps und Ratschläge erhalten Sie von den örtlichen Behörden oder der Feuerwehr. Gegen das Vergessen – Handeln Vorsorge fängt beim Einzelnen an Auf den vorherigen Seiten haben wir Ihnen einen Überblick zu Ursachen von Überflutungen, aber auch zu Strategien für eine gute Hochwasservorsorge gegeben. Auf den nächsten Seiten finden Sie noch eine Auflistung von Links und Apps, die Ihnen weiterhelfen können. Über ein Feedback, gern auch Verbesserungsvorschläge (info@dwa.de), würden wir uns freuen!
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 19 Die DWA Klare Konzepte. Saubere Umwelt. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) ist ein technisch-wissenschaftlicher Fachverband. Die Beschäftigung mit Abwasser und Gewässerschutz – und somit auch mit dem Thema Hochwasser – gehören zu unseren Aufgaben. Die DWA kooperiert bei der Hochwasserbewertung, Hochwasservorsorge und Hochwasserbewältigung mit verschiedenen Institutionen und Organisationen, die bundesweit, regional oder lokal aktiv sind. Für Kommunen bieten wir das Audit Überflutungsvorsorge: Hochwasser und Starkregen (www.dwa.de/audit) an, das den nicht-technischen Hochwasserschutz einer Gemeinde beurteilt. Die DWA ist auch aktive Partnerin bei der Vernetzung der Kommunen. Wir fördern den intensiven Erfahrungsaustausch. Die DWA hat rund 14.000 Mitglieder aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen. Gegründet wurde sie 1948. Neben der Bundesgeschäftsstelle in Hennef bei Köln sind wir in sieben Landesverbänden organisiert. DWA-Expert*innen arbeiten eng mit den Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen zusammen. Sie formulieren fachspezifische Regeln im Bereich des technisch-wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Umwelt- und Gewässerschutzes. Aus gesetzlichen Vorlagen entstehen somit Handlungsempfehlungen für die berufliche Praxis. Die Themen Wasser, Abwasser und Abfall stehen im Zentrum zahlreicher Flyer und Broschüren, die die DWA für unterschiedliche Zielgruppen erstellt – für Kinder, Jugendliche im Unterricht, interessierte Erwachsene und ein Fachpublikum. oben: © adimas – stock.adobe.com unten: © dpaint – stock.adobe.com
20 Auf einen Blick Apps und Adressen Bundesweit und regional gibt es zahlreiche Apps und Internetseiten, die Sie über Hochwasser und Überflutungen informieren und die Ihnen weiterhelfen. Einige Adressen haben wir für Sie ausgewählt: Bundesweites Hochwasserportal mit Informationen aus allen Bundesländern sowie aus den Grenzgebieten: www.hochwasserzentralen.de Die Übersichtskarte der Hochwasserzentralen für Smartphones: mhwz.de bzw. mhochwasserzentralen.de Interaktive Seite des HochwasserKompetenzCentrums (HKC) zur persönlichen Gefährdungslage mit Fragebogen und Expertenliste: www.hochwasser-pass.com Überblick über gängige Elementarversicherungen, Kosten und Begriffserklärungen: www.elementarversicherung-sinnvoll.de Noch ein Tipp: Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk freut sich über ehrenamtliche Helfer*innen. Wer dabei sein möchte, erhält eine fundierte Unterweisung im Hochwasserschutz: www.thw.de © Pexels – pixabay
Überflutungen: Hochwasser und Starkregen | Im Klartext 21 Auf einen Blick QR-Codes Hilfsangebote Hochwasserzentralen HochwasserKompetenz Centrum e. V. Klima- navigator HochwasserApps DWD-Warnwetter IPCC-Berichte zum Klimawandel Nina-App Hochwassermaterialien Katwarn Warnmeldungen in der Übersicht Munich Rück- versicherung DWD-Warnwetter Webseiten
22 Regenwasser auf dem Grundstück In Deutschland fallen pro Jahr durchschnittlich fast 800 Liter Regenwasser auf einen Quadratmeter Boden. Ein zunehmendes ökologisches Bewusstsein, vermehrte Hochwasser und Dürreperioden haben zum Nachdenken über den Umgang mit Niederschlägen geführt. Wie man das Wasser auf dem eigenen Grundstück nutzen kann, zeigt diese Broschüre. Blau | Grün | Grau: Die wassersensible Zukunftsstadt Wasser muss in der Stadt gehalten, in die Stadt zurückgeholt werden. Grüne und blaue Oasen werten die Stadtteile optisch auf, reduzieren durch Verdunstungskühlung den Hitzestress an heißen Sommertagen und schützen vor Überflutungen bei heftigem Regen. Der Klimawandel macht es notwendig, Klimainseln zu schaffen. Was das konkret heißt, zeigen große Umsetzungsbeispiele aus der Praxis und kleine Ideen für alle, die in der Stadt leben. Und was macht Ihr Hausanschluss? Um mögliche Schäden rechtzeitig zu erkennen und zu beheben, müssen Grundstücksentwässerungsanlagen regelmäßig untersucht werden. Diese Broschüre informiert über technische Möglichkeiten der Überprüfung und Instandsetzung Ihrer Grundstücksentwässerungsanlage und übersetzt "Inspektions-Fachchinesisch" verständlich. Weitere DWA-Informationsbroschüren
Starkregen. So sorgen Sie vor! Ein Unwetter kann jeden treffen. Schnell sind Keller voll gelaufen, Hausrat ist zerstört. Hier erhalten Sie Hinweise, wie Sie vorsorgen können. 15 QR-Codes öffnen Videos zur Starkregenvorsorge, zum Beispiel über die Sicherung von Eingängen und Lichtschächten, über die Regenwasserversickerung oder die Abdichtung von Außenwänden. Überflutungen: Hochwasser und Starkregen Überflutungen sind nach plötzlichem Starkregen keine Seltenheit. Hier finden Sie Hinweise zu kommunalen Verantwortungsbereichen, aber auch Tipps für eine Risikoanalyse für Ihr Haus, Anregungen für eine mobile Bauvorsorge und Ratschläge für das richtige Verhalten im Ernstfall. Was zu tun ist, wenn der Schaden eingetreten ist, wird im Flyer ebenfalls angesprochen. u. v. m. unter www.dwa.de Über die DWA
Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) Theodor-Heuss-Allee 17 · 53773 Hennef Telefon: +49 2242 872-333 · Fax: +49 2242 872-100 info@dwa.de · www.dwa.de www.dwa.de
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