Überarbeitung von Merkblatt DWA-M 552 „Ermittlung von Hochwasser-wahrscheinlichkeiten“

Vorhabensbeschreibung

Die DWA plant, das Merkblatt DWA-M 552 „Ermittlung von Hochwasser­wahrscheinlichkeiten“ vom August 2012 zu überarbeiten.

Die Überflutungen im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zeigten erneut, wie problematisch die Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten ist, wenn die Entstehung und der Verlauf dieser Ereignisse nicht differenziert berücksichtigt wird. Insbesondere die zunehmende Zahl von Sturzfluten in Folge von Starkregen erfordert ein neues Verständnis der Hochwassergefährdung in Deutschland. Es wurde deutlich, wie sich Sturzfluten von den herkömmlichen Flusshochwassern unterscheiden: extrem kurze Anstiegszeiten, hohe Fließgeschwindigkeiten, starke hydraulische Belastung der Gewässer und der überströmten Uferbereiche, Verklausung von Durchlässen und Ausuferungen. Ursächlich für Sturzfluten sind Starkregen, die sich, was Menge, Dauer und damit Regenintensität betrifft, deutlich von den Niederschlagsereignissen, die Flusshochwasser in größeren Fließgewässern bedingen, unterscheiden.

Aufgrund dieser Erfahrungen der letzten Jahre und der prognostizierten steigenden Relevanz von durch Starkregen ausgelösten Hochwassern hält die DWA es für notwendig, das Merkblatt DWA-M 552 „Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten“ zu überarbeiten. Das Ziel der Überarbeitung besteht darin, neue Erkenntnisse in der Hochwasserhydrologie, wie zum Beispiel die explizite Berücksichtigung der verschiedenen Hochwassertypen in der Hochwasserstatistik, in das Merkblatt zu integrieren. Auch im Bereich der statistischen Charakterisierung von Starkregen haben sich neue methodische Entwicklungen ergeben, die bereits in die derzeit laufende Überarbeitung des KOSTRA-Kartenwerks eingehen. Es wäre damit sinnvoll, auch die Frage der modellbasierten Hochwasserermittlung in Hinblick auf die zu berücksichtigenden meteorologischen Belastungsgrößen zu integrieren. Weiterhin sollte dargestellt werden, in welchem Kontext die beschriebenen hochwasserstatistischen Betrachtungen zum Hochwasserrisikomanagement stehen.

Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungsvorschläge für das Merkblatt aufgelistet und erläutert:

1. Einbeziehung von partiellen Serien als Alternative zu den bisher hauptsächlich verwendeten Jahreshöchstabflüssen

Während die Betrachtung von jährlichen Maxima lediglich ein Hochwasserereignis pro Jahr in die Statistik miteinbezieht, können partielle Serien, abhängig von der Größe der Hochwasser, mehrere Ereignisse berücksichtigen. Dies kann die Stichprobengröße deutlich erhöhen. Die Wahl des Schwellwerts spielt hier eine entscheidende Rolle. Hierzu müssen die statistischen Methoden zur Bestimmung von Jährlichkeiten erweitert werden. Diese neuen Ansätze bilden die Grundlage für die unter 3. erläuterte typ-basierte Hochwasserstatistik.

2. Erweiterung der Methodik zur Untersuchung von Zeitreihen auf Instationaritäten

Die Frage der Instationarität wird im Zusammenhang mit möglichen klimatischen oder anthropogen-bedingten Veränderungen des Hochwasserregimes häufig thematisiert. Daher sollten die klassischen, im bisherigen Merkblatt enthaltenen Trendtests um Bruchpunkttests erweitert werden. Hierzu soll ein konkretes Schema für die Prüfung der Daten auf Instationarität vorgegeben werden mit Vorschlägen für verschiedene Testverfahren. Zusätzlich wird eine Überprüfung auf Häufungen hochwasserarmer bzw. hochwasserreicher Zeiträume vorgeschlagen, für die mittlerweile ebenfalls ein geeigneter statistischer Test zur Verfügung steht.

3. Einführung der typen-basierten Hochwasserstatistik

Hochwasserereignisse in einem Einzugsgebiet haben meist unterschiedliche Ursachen. So können zum Beispiel sowohl Schneeschmelz-Hochwasser als auch Starkregen-Hochwasser in der Serie der maximalen jährlichen Hochwasser enthalten sein. Die gemeinsame Betrachtung von Hochwassern unterschiedlicher Genese führt folglich zu einer inhomogenen Stichprobe, was den Grundannahmen der Statistik widerspricht. Daher sollten Hochwasser nach Typen getrennt betrachtet werden. Hierzu wird zunächst die Separation der einzelnen Hochwasserereignisse aus langjährigen Reihen der Abflusstageswerte benötigt. Mithilfe einer einfach anzuwendenden Methodik, die auf der Ganglinienanalyse basiert und einige wenige meteorologische Eingangsdaten wie tägliche Niederschlags- und Temperaturwerte benötigt, können die Ereignisse in Typen eingeordnet werden. Alternativ werden Typisierungen basierend auf meteorologischen und hydrologischen Faktoren vorgeschlagen. Auf dieser Grundlage können die Ereignisse jedes Hochwassertyps separat statistisch analysiert werden. Um Aussagen zur Jährlichkeit eines bestimmten Scheitelabflusses zu erhalten, ist eine statistische Mischverteilung dieser Typen anzuwenden. Diese Methodik ergänzt die bereits im Merkblatt DWA-M 552 enthaltene saisonale Statistik um den wesentlichen Aspekt der Hochwassergenese und kombiniert daher die saisonale Statistik mit der kausalen Informationserweiterung.

4. Multivariate Statistik

Die aktuelle Hochwasserstatistik im Merkblatt fokussiert sich allein auf den Hochwasserscheitel. Weitere, zum Beispiel für den Hochwasserrückhalt wichtige Merkmale wie die Hochwasserfülle werden außer Acht gelassen. Da bei der typen-basierte Statistik sowohl Scheitel als auch Volumen eines Hochwassers betrachtet werden, kann hier zusätzlich die multivariate Statistik, das heißt, die Scheitel-Füllen-Statistik, eingeführt werden. Diese erlaubt differenzierteren Aussagen zu den Formen der typen-basierten Bemessungsganglinie und Plausibilitätsangaben zu Merkmalskombinationen.

5. Erweiterte Niederschlag-Abfluss-Modelle und Hochwasser-Starkregen-Gefahrenkarten

Neben der statistischen Analyse von Beobachtungsdaten werden Bemessungshochwasser oftmals mithilfe von statistisch bewerteten Bemessungsniederschlägen und Niederschlag-Abfluss-Modellen berechnet. Dies wurde bereits im Merkblatt DWA-M 552 unter Kapitel 5.4 erläutert. Hierzu wären folgende Erweiterungen sinnvoll: Einführung einer adäquaten Methodik zur Niederschlagsstatistik, die in der Lage ist, auch Starkregenereignisse hinsichtlich ihrer beobachteten Auftretenswahrscheinlichkeit einzuordnen. Hierzu ist der im MUNSTAR-Projekt1 verwendete Ansatz, der auf dem cGEV-Modell basiert und somit dem im zukünftigen KOSTRA- Kartenwerk implementierten Modell entspricht, besonders geeignet, da er, im Gegensatz zur derzeit verwendeten zwei-parametrigen Gumbel-Verteilung mit Ausgleichsfunktion, die statistische Schiefe als dritten Kennwert der Beobachtungsreihen berücksichtigen kann. Hochwasser-Berechnungen auf Basis dieser Bemessungsniederschläge sollen dann für die Erstellung von Hochwasser- und Starkregengefahrenkarten auf Grundlage hydrologischer und hydraulischer Modelle genutzt werden. Die erforderlichen Arbeitsschritte sollten im Merkblatt vorgestellt werden.

Die genannten fünf Hauptpunkte stellen notwendige Ergänzungen der hochwasserstatistischen Analysen, die im Merkblatt DWA-M 552 beschrieben sind, dar. Alle neu hinzugefügten Methoden sollen als web-basierte Software-Lösungen angeboten werden, die durch die Verwendung einer einfachen Benutzeroberfläche die Anwendung ermöglichen.

Hinweise und Anregungen zu diesem Vorhaben nimmt die DWA-Bundesgeschäftsstelle gerne entgegen:

DWA-Bundesgeschäftsstelle, Dipl.-Geogr. Dirk Barion, Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef; Tel. 0 22 42/872-161, Fax 0 22 42/872-184, E-Mail: barion@dwa.de

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