Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.
Hennef. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) aktualisiert das Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“.
Altgewässer (Altarme und Altwasser) sind Bestandteile natürlicher Flussauen. Sie sind eigenständige Lebensraumtypen mit einer speziellen Flora und Fauna, aber auch Teillebensraum für zahlreiche Tiere des Ökosystems Flussaue. Für Amphibien sind sie Laichgewässer, Lebensraum der Kaulquappen, aber z. T. im Sommer auch der erwachsenen Tiere. Fische nutzen Altgewässer als Laichgewässer, Aufwuchsgebiet für Jungfische und als Überwinterungshabitat. Natürliche Altgewässer entstehen durch die Dynamik der Fließgewässer. Diese Dynamik ist heute in den Auen unserer Kulturlandschaft kaum mehr vorhanden, da die Flüsse durch Ausbaumaßnahmen in ihrem Gewässerbett weitestgehend festgelegt sind. Bestehende Nutzungen verhindern oft einen Rückbau. Altgewässer können unter diesen Voraussetzungen „natürlich“ kaum mehr entstehen.
Im Gegensatz zu natürlichen Flusslandschaften entstanden, auch als Folge der „klassischen Ausbauten“, in den Auen unnatürlich viele Altgewässer durch abgeschnittene Flussschlingen. In der Folgezeit verlandeten diese aber mehr oder weniger, wobei dieser Prozess durch den nutzenden Menschen wesentlich beschleunigt wurde. Darüber hinaus wurden Altgewässer verfüllt oder für die Optimierung der Nutzungen derart umgestaltet („ausgebaut“) und unterhalten, dass sie ihren ökologischen Funktionen in der Flussaue nicht mehr gerecht werden konnten.
Heute sind in unseren Flusslandschaften kaum noch Altgewässer zu finden. Sie zählen in quantitativer und qualitativer Sicht zu den gefährdeten Lebensräumen und stellen in vielen Gewässerauen Mangelbiotope dar oder fehlen ganz. Dabei ist jedoch auch zu beachten, dass Altgewässer in einigen Flussabschnitten natürlicherweise nie vorgekommen und folglich dort landschaftsfremd sind. Im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie wird es häufig auch erforderlich sein, Altarme/Altwasser zu sanieren oder auf Grundlage ehemaliger Zustände bzw. gemäß dem naturraumbezogenen Leitbild für den betreffenden Gewässerabschnitt neu anzulegen bzw. zu reaktivieren.
Die Behandlung von Altgewässern wirft eine Reihe grundsätzlicher und spezieller ökologischer Probleme auf, die oftmals nicht erkannt werden, wenn Nutzungen im Vordergrund stehen. Aufgrund dieser Orientierung haben bei der Konzeption von Sanierungs- und Pflegearbeiten aber ökologische Erfordernisse im Vordergrund zu stehen, insbesondere an solchen Altgewässern, die aufgrund ihrer geschützten Lebensraumtypen als Natura 2000-Gebiete gemeldet worden sind bzw. in Natura 2000-Gebieten liegen.
Dieser Zielsetzung entsprechen auch die einschlägigen Bestimmungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes, in denen der biologischen Wirksamkeit ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Dies betrifft viele Mittel- und Unterlaufabschnitte mit ihren Altgewässern. Vor allem für die Biokomponente Fisch dürfte für den guten Zustand die Vernetzung des Flusses mit den Altgewässern maßgebend sein. Außerdem leistet eine solche Vernetzung einen ganz wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität.
Hierzu wurde im Jahr 2010 das Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer - Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ veröffentlicht, welches von der DWA-Arbeitsgruppe GB-2.7 „Altgewässer“ im DWA-Fachausschuss GB-2 „Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern“ erarbeitet wurde. Grundlage der damaligen Neubearbeitung war das DVWK-Merkblatt 219/1991, „Ökologische Aspekte zu Altgewässern“, aus dem Jahre 1991. Es zeigte sich, dass dieses Merkblatt in seinen wesentlichen Aussagen immer noch aktuell ist, aber durch anwendungsorientierte Hinweise zur Sanierung und Neuanlage von Altgewässern zu ergänzen war. Insbesondere sollten die Beispiele aus dem DVWK-Merkblatt im neuen DWA-Merkblatt fortgeschrieben werden, um aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre zu lernen.
Die zwischenzeitliche Entwicklung der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Erkenntnisse und die Veränderungen im politisch-administrativen und juristischen Bereich sind insbesondere geprägt durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) und die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRMRL), deren formale, organisatorische und fachliche Umsetzung erhebliche Auswirkungen auf wasserwirtschaftliches Handeln bei Planung, Bau, Unterhaltung und Betrieb von Gewässern und Anlagen hat. Insofern sind die im Merkblatt DWA-M 607 enthaltenen Darstellungen nicht in allen Punkten aktuell und entsprechen somit nicht im vollen Umfang dem derzeitigen Stand der Fachdiskussion.
Dies ist Anlass das Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ zu aktualisieren. Weiterhin sollen Querverweise und Begriffe vereinheitlicht, die Gliederung „nutzerfreundlicher“ gestaltet werden, und kleinere Änderungen vorgenommen werden, die sich aus der praktischen Anwendung des Merkblatts in den vergangenen Jahren ergeben haben.
Hinweise und Anregungen zu diesem Vorhaben nimmt die DWA-Bundesgeschäftsstelle gerne entgegen:
DWA-Bundesgeschäftsstelle, Dipl.-Geogr. Georg Schrenk, Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef, Tel.: 02242/872-210, Fax: 02242/872-184, E-Mail: schrenk@dwa.de
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