Abwasserleitungen müssen dicht sein

Nordrhein-westfälische Regierung weicht technische und Umweltstandards auf

© Christian Berger

Hennef. „Abwasserleitungen müssen dicht sein. Dies kann nur durch regelmäßige Kontrollen gewährleistet werden, wie sie bei vielen anderen technischen Anlagen routinemäßig durchgeführt werden. Autos werden ganz selbstverständlich alle zwei Jahre überprüft und nicht erst, wenn Lenkung oder Bremsen kaputt sind.“ So kommentiert der Präsident der Deutschen Vereinigung für ‚Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Prof. Dr. Uli Paetzel, die Absicht der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, schon ab Anfang 2020 die Prüfpflichten für private Abwasserleitungen weiter einzuschränken. Dipl.-Ing. Dirk Bellinghausen, Geschäftsführer des Güteschutz Grundstücksentwässerung, ergänzt: „Die Gebäude- und Grundstücksentwässerung und die öffentliche Kanalisation sind technisch gesehen eins. Nur wenn alle Anlagenteile zusammenwirken, kann das Gesamtsystem störungsfrei funktionieren.“ Abgelehnt wird das Vorhaben auch beim Güteschutz Kanalbau, der sich für die gütegesicherte Herstellung und Instandhaltung von Abwasserleitungen und -kanälen einsetzt: „Aus technischer Sicht müsste die Prüfung des privaten Teils des Abwassernetzes auf vergleichbarem Niveau stattfinden wie die Prüfung des öffentlichen Teils. Anderenfalls fällt es schwer, den Sinn der Prüfung zu erklären. Aus Sicht des Umweltschutzes wäre eine bundesweite Regelung für die Prüfung von Grund­stücksentwässerungen und öffentlichen Kanälen anzustreben“, sagt dessen Geschäftsführer, Dr.-Ing. Marco Künster. Wesentliche Akteure aus der Fachwelt sehen das Vorhaben der Landesregierung somit kritisch.

Die nordrhein-westfälischen Regierungsparteien CDU und FDP wollen am 19. Dezember 2019 den Landtag beschließen lassen, dass die Gesetzeslage so geändert werden soll, dass die von der Vorgängerregierung eingeführte Prüfpflicht für private Abwasserleitungen, also solche, die vom Haus über private Grundstücke zur Kanalisation in der Straße führen, weitgehend abgeschafft wird. Die beiden Parteien hatten dies im geltenden Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP im Jahr 2017 so vereinbart. Mit ihrer Initiative zur Umsetzung dieser Abmachung aus dem Koalitionsvertrag setzen sich die Koalitionäre allerdings über Studien hinweg, denen zufolge die Schadensrate bei privaten Abwasserleitungen mit schätzungsweise 50 bis 70 Prozent deutlich höher ist als bei öffentlichen. Dies kann das Grundwasser gefährden.

 

Die DWA

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) setzt sich intensiv für die Entwicklung einer sicheren und nachhaltigen Wasserwirtschaft ein. Als politisch und wirtschaftlich unabhängige Organisation arbeitet sie fachlich auf den Gebieten Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall und Bodenschutz.

In Europa ist die DWA die mitgliederstärkste Vereinigung auf diesem Gebiet und nimmt durch ihre fachliche Kompetenz bezüglich Regelsetzung, Bildung und Information der Öffentlichkeit eine besondere Stellung ein. Die rund 14 000 Mitglieder repräsentieren die Fachleute und Führungskräfte aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen.

Der Güteschutz Kanalbau - Gütegemeinschaft Herstellung und Instandhaltung von Abwasserleitungen und -kanälen e. V.

Die Gütegemeinschaft Kanalbau engagiert sich seit 1988 in der Umsetzung der Gütesicherung RAL-GZ 961. Im Vordergrund steht dabei die ständige Verbesserung von Abwasserleitungen und -kanälen hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit sowie der Schutz der Öffentlichkeit vor einer Gefährdung durch unsachgemäße Arbeit. Das Gütezeichen Kanalbau steht für Neutralität, Fachkompetenz und Beständigkeit und wird von mehr als 2500 Organisationen und Unternehmen geführt.

Die Gütegemeinschaft Grundstücksentwässerung e. V.

Die Gütegemeinschaft hat den Zweck, die Umweltverträglichkeit von Abwasseranlagen der Grundstücksentwässerung zu verbessern und damit den Verunreinigungen von Grundwasser, Gewässer und Boden durch undichte Abwasseranlagen entgegenzuwirken.

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