Ein Viertel der Kanalisation ohne Mängel – knapp ein Fünftel muss kurz- bis mittelfristig saniert werden

DWA-Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland

© Manuel Wambach

Hennef. Viel erreicht, viel zu tun. Über ein Viertel des deutschen Kanalnetzes befindet sich aktuell in einem sehr guten Zustand, 27 Prozent der Kanäle weisen keine Mängel auf. Auf der anderen Seite stehen aber immer noch gut 18 Prozent der Kanäle, die kurz- bis mittelfristig saniert werden müssen. Die Kanalnetzbetreiber in Deutschland konnten damit zwar den Zustand des Kanalnetzes noch einmal leicht verbessern, 2013 wurde noch bei gut 19 Prozent der Kanalisation ein kurz- bis mittelfristiger Sanierungsbedarf festgestellt. Die gegenwärtige Sanierungsrate von rund einem Prozent des Netzes reicht aber nicht aus. Dies betont auch Prof. Uli Paetzel, Präsident der DWA Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall. „Die Daten belegen die erfolgreiche Arbeit der deutschen Abwasserwirtschaft. Sie zeigen aber auch, dass der finanzielle Aufwand für die Sanierung in den nächsten Jahren noch weiter gesteigert werden muss, um die Substanz auch für die kommenden Generationen zu erhalten.“ Die unterirdische Infrastruktur zählt zu den größten Vermögenswerten Deutschlands. Allein das öffentliche Abwassernetz weist einen Wiederbeschaffungswert von rund 1000 Mrd. € auf.

Jährlich saniert die deutsche Abwasserwirtschaft rund ein Prozent des öffentlichen Kanalnetzes. Bezogen auf die Gesamtlänge von knapp 600 000 km bedeutet dies die Sanierung von rund 6 000 km Abwasserkanal; in etwa die Strecke Bonn – New York. Doch selbst dieser Aufwand reicht langfristig nicht aus. Die jährliche Sanierungsrate von rund einem Prozent würde eine durchschnittliche Nutzungsdauer von etwa 100 Jahren voraussetzen. Die Mehrheit der Branche plädiert daher aktuell dafür, den finanziellen Aufwand für die Sanierung und Instandhaltung künftig zu erhöhen. Auch dies zeigte die regelmäßig durch die DWA durchgeführte Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland. Die Ergebnisse der jetzt ausgewerteten und veröffentlichten Umfrage beziehen sich auf die Daten aus 2018.

Rund die Hälfte der Kanalsanierung erfolgt gegenwärtig über Reparaturverfahren (51 Prozent), die weitere Sanierung verteilt sich zu etwa gleich großen Teilen auf Renovierung (25 Prozent), am häufigsten durch Schlauchliningverfahren, und Erneuerung (24 Prozent). Von Erneuerung spricht man, wenn bereits bestehende durch neue Kanäle ersetzt werden und diese die Funktion der alten Kanalabschnitte übernehmen. Alle Verfahren weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile sowie Nutzungsdauern auf und unterscheiden sich auch erheblich bei den Kosten. Während für die Reparatur aktuell durchschnittlich 82 € pro Kanalmeter anfallen, schlägt die Renovierung durchschnittlich mit 438 € je Kanalmeter zu Buche. Eine völlig andere Größenordnung erreicht die Erneuerung mit rund 1600 €/m. Aufgrund der bei der Erneuerung häufig schwierigen Rahmenbedingungen übersteigen hier die Kosten die eines Neubaus bei Erschließung deutlich, diese liegen im Mittel bei lediglich 718 €/m.

Kanalnetz wächst weiter

Trotz eines bereits sehr hohen Anschlussgrades von 97 Prozent an die öffentliche Abwasserentsorgung wächst das Abwassernetz weiter. Die aktuelle Gesamtlänge von 594 335 km, Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2016, bedeutet ein Plus von knapp 20 000 km gegenüber 2013. Zurückzuführen ist diese Längenzunahme unter anderem auf den weiteren Anschluss von Siedlungsgebieten, in der Regel Neubaugebiete, sowie die voranschreitende Umwandlung der Mischkanalisation in getrennte Kanäle für Schmutz- und Regenwasser. So hat sich das deutsche Abwassernetz seit 1995 um rund 195 000 km verlängert. Etwa 105 000 km davon entfallen auf Schmutzwasserkanäle, 57 000 km auf Regenwasserkanäle und 33 000 auf Mischwasserkanäle.

Dränagewasser bereitet zunehmend Probleme

Zunehmende Probleme bereiten den Kanalnetzbetreibern nicht genehmigte Einleitungen von Dränagewasser über private Entwässerungsanlagen in das öffentliche Netz. Betroffen von dieser Problematik sind laut der aktuellen Umfrage rund zwei Drittel des deutschen Kanalnetzes. Dabei ist lediglich bei knapp 15 Prozent der Kommunen ein Anschluss der privaten Dränagesysteme an die öffentliche Kanalisation genehmigungsfähig. Bei knapp der Hälfte der Kommunen könnten diese Ableitungen zumindest in Ausnahmefällen genehmigt werden. Die Folgen der Ableitung des Dränagewassers über das öffentliche Entwässerungssystem sind gravierend, sowohl technisch als auch ökonomisch. Insbesondere bei der Einleitung in Misch- und Schmutzwasserkanäle führt der hohe Anteil des eingeleiteten Dränagewassers zu einer schlechteren Reinigungsleistung der Kläranlagen. Dazu kommt eine Überlastung des aufnehmenden Kanals und eine Nichtgewährleistung des rückstaufreien Anschlusses. Und nicht zuletzt gestaltet sich die verursachergerechte gebührentechnische Abrechnung äußerst schwierig.

Erhoben hat die DWA bei der aktuellen Umfrage auch den spezifischen Stromverbrauch für den Abwassertransport im Kanalnetz, dieser beläuft sich auf lediglich 4,5 kWh pro Einwohner und Jahr. Damit beträgt er zwischen 7 % und 15 % des spezifischen Stromverbrauchs von Kläranlagen. Die energetische Effizienz bei der Abwasserableitung unterstreicht auch ein anderer Vergleich: Über die tägliche Aufladung seines Smartphones, diese wird mit 7,5 kWh jährlich veranschlagt, verbraucht der durchschnittliche Deutsche fast doppelt so viel Strom wie für die Ableitung seines Abwassers benötigt wird.

DWA-Umfrage zum Zustand der Kanalisation

Basis der Daten ist die aktuelle Umfrage der DWA zum „Zustand der Kanalisation in Deutschland 2020“. Für die Umfrage hat die DWA die Daten von 423 Kanalnetzbetreibern in Deutschland ausgewertet, die knapp 30 Mio. Einwohner repräsentieren. Auf dieser repräsentativen Datenbasis konnte eine Hochrechnung für ganz Deutschland durchgeführt werden.

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://de.dwa.de/de/umfrage-zum-zustand-der-kanalisation-in-deutschland.html

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