Wasserwirtschaft im Krisenmodus fordert pragmatische Unterstützung von Politik und Verwaltung
DWA-Politikmemorandum auf Herbst verschoben
Hennef. „Im aktuellen Krisenmodus brauchen Wasser- und Abfallwirtschaft die Unterstützung durch die Politik und den behördlichen Vollzug. Pragmatische Lösungen für eine sichere Ver- und Entsorgung sind vor dem Hintergrund der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie absolut notwendig“, fordert Prof. Uli Paetzel, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Traditionell wendet sich die DWA im Frühjahr mit ihrem Politikmemorandum an die Bundespolitik. Im aktuellen Krisenfall, so Paetzel, müsse die Aufmerksamkeit aber voll auf der Bekämpfung der Corona-Pandemie liegen. Die DWA verschiebe aus diesem Grund die Veröffentlichung des Politikmemorandums auf den Herbst.
Wasserversorgung sowie Abwasser- und Abfallentsorgung sind systemrelevant und zählen zur kritischen Infrastruktur. Die Mitarbeiter*innen auf den Anlagen leisten aktuell mit viel persönlichem Einsatz Außerordentliches, um den sicheren Betrieb der Anlagen zu gewährleisten. Viele Unternehmen haben inzwischen einen Schichtbetrieb eingerichtet, um auch im Fall von Infektionen im betrieblichen Umfeld die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser und Abfall jederzeit sicherzustellen. Um in diesem schwierigen Umfeld die sichere Ver- und Entsorgung garantieren zu können, sieht die DWA folgende konkrete Notwendigkeiten:
Die Politik und der behördliche Vollzug müssen alle Möglichkeiten prüfen, um nachrangige und insbesondere personalintensive Pflichten, die keine direkten Auswirkungen auf Schutzgüter wie Gewässer und öffentliche Gesundheit haben, vorübergehend auszusetzen oder deren Erfüllung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Speziell die zuständigen Landesministerien sind gefordert, durch Erlasse hinreichend Raum für flexible, angepasste Betriebsführungen zu schaffen.
Wenn aufgrund des zurzeit erforderlichen Notbetriebs nicht alle gesetzlichen Vorgaben vollumfänglich erfüllt werden können, sollte befristet grundsätzlich von ordnungsrechtlichen Sanktionen abgesehen werden, soweit nicht Gesundheit oder Leben betroffen sind, wie z.B. bei Gefährdungen für die Trinkwasseraufbereitung (z.B. Verlängerung von Fristen bei Erlaubnisbescheiden).
Die Politik ist jetzt gefordert, dass den Betreibern der Kritischen Infrastrukturen keine zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteile durch die Corona-Krise entstehen. Neben den erheblichen denkbaren Sanktionen bei temporären Überschreitungen von Überwachungswerten im Notbetrieb, sollte auch der Verlust von Vergünstigungen vermieden werden.
Bei der Beschaffung von Dienstleistungen oder dem Wechsel des Auftragnehmers infolge krisenbedingter Leistungsstörungen oder der Beschaffung von Betriebsmitteln sowie ggf. im Baubereich bedarf es für die Dauer der Krise einer Flexibilisierung der vergaberechtlichen Regelungen. Dies betrifft die Anpassung von Schwellenwerten sowie die Zulässigkeit von Verhandlungsverfahren bzw. von Direktvergaben.
Soweit neue Genehmigungs- und Erlaubnisverfahren mit einer Beteiligung der Öffentlichkeit verbunden sind, muss die Politik schnell alternative Formen der Teilhabe entwickeln, zum Beispiel virtuelle Räume für die Einsichtnahme in Genehmigungsunterlagen und die Erörterung von Einwendungen über internetbasierte Foren. Da die umweltrechtlichen und umweltverfahrensrechtlichen Vorgaben weitgehend auf europäischem Recht basieren, muss die Politik gegebenenfalls auch die hierfür notwendigen Anpassungen im europäischen Regelwerk initiieren.
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