Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.
Entwurf Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“
Aufruf zur Stellungnahme
Hennef, 1. Oktober 2023. Die DWA hat den Entwurf des Merkblatts DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ vorgelegt, der hiermit zur öffentlichen Diskussion gestellt wird.
Altgewässer (Altarme und Altwasser) sind Bestandteile natürlicher Flussauen. Sie sind eigenständige Lebensraumtypen mit einer speziellen Flora und Fauna, aber auch Teillebensraum für zahlreiche Tiere des Ökosystems Flussaue. Für Amphibien sind sie Laichgewässer, Lebensraum der Kaulquappen, aber zum Teil im Sommer auch der erwachsenen Tiere. Fische nutzen Altgewässer als Laichgewässer, Aufwuchsgebiet für Jungfische und als Überwinterungshabitat.
Natürliche Altgewässer entstehen durch die Dynamik der Fließgewässer. Diese Dynamik ist heute in den Auen unserer Kulturlandschaft kaum mehr vorhanden, da die Flüsse durch Ausbaumaßnahmen in ihrem Gewässerbett weitestgehend festgelegt sind. Bestehende Nutzungen verhindern oft einen Rückbau. Altgewässer können unter diesen Voraussetzungen „natürlich“ kaum mehr entstehen.
Im Gegensatz zu natürlichen Flusslandschaften entstanden, auch als Folge der „klassischen Ausbauten“, in den Auen unnatürlich viele Altgewässer durch abgeschnittene Flussschlingen. In der Folgezeit verlandeten diese aber mehr oder weniger, wobei dieser Prozess durch den nutzenden Menschen wesentlich beschleunigt wurde. Darüber hinaus wurden Altgewässer verfüllt oder für die Optimierung der Nutzungen derart umgestaltet („ausgebaut“) und unterhalten, dass sie ihren ökologischen Funktionen in der Flussaue nicht mehr gerecht werden konnten.
Heute sind in unseren Flusslandschaften kaum noch Altgewässer zu finden. Sie zählen in quantitativer und qualitativer Sicht zu den gefährdeten Lebensräumen und stellen in vielen Gewässerauen Mangelbiotope dar oder fehlen ganz. Dabei ist jedoch auch zu beachten, dass Altgewässer in einigen Flussabschnitten natürlicherweise nie vorgekommen und folglich dort landschaftsfremd sind.
Im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie wird es häufig auch erforderlich sein, Altarme/Altwasser zu sanieren oder auf Grundlage ehemaliger Zustände bzw. gemäß dem naturraumbezogenen Leitbild für den betreffenden Gewässerabschnitt neu anzulegen bzw. zu reaktivieren.
Die Neuanlage, Entwicklung und „Bewirtschaftung“ von Altgewässern wirft eine Reihe grundsätzlicher und spezieller ökologischer Probleme auf, die oftmals nicht erkannt werden, wenn Nutzungen im Vordergrund stehen. Aufgrund dieser Orientierung haben bei der Konzeption von Sanierungs- und Pflegearbeiten aber ökologische Erfordernisse im Vordergrund zu stehen, insbesondere an solchen Altgewässern, die aufgrund ihrer geschützten Lebensraumtypen als Natura2000-Gebiete gemeldet worden sind bzw. in Natura2000-Gebieten liegen.
Zur Thematik „Altgewässer“ wurde im Jahr 2010 das Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer - Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ veröffentlicht, das von der DWA-Arbeitsgruppe GB-2.7 „Altgewässer“ im DWA-Fachausschuss GB-2 „Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern“ erarbeitet wurde. Grundlage der damaligen Neubearbeitung war das DVWK-Merkblatt 219/1991 „Ökologische Aspekte zu Altgewässern“ aus dem Jahr 1991. Es zeigte sich, dass dieses Merkblatt in seinen wesentlichen Aussagen immer noch aktuell ist, aber durch anwendungsorientierte Hinweise zur Sanierung und Neuanlage von Altgewässern zu ergänzen war.
Die zwischenzeitliche Entwicklung der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Erkenntnisse und die Veränderungen im politisch-administrativen und juristischen Bereich sind insbesondere geprägt durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, deren formale, organisatorische und fachliche Umsetzung erhebliche Auswirkungen auf wasserwirtschaftliches Handeln bei Planung, Bau, Unterhaltung und Betrieb von Gewässern und Anlagen hat. Insofern sind die im Merkblatt DWA-M 607 (6/2010) enthaltenen Darstellungen nicht in allen Punkten aktuell und entsprechen somit nicht im vollen Umfang dem derzeitigen Stand der Fachdiskussion.
Das im Jahr 2010 erschienene Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ hat weite Verbreitung gefunden und dient Behörden, Verbänden, Ingenieurbüros, aber auch Lokalpolitikern und interessierten Privatpersonen als Orientierung. Das Merkblatt soll den aktuellen Stand der Technik darstellen und damit Basis für Planung und Durchführung von Maßnahmen sein. Entsprechend wichtig ist die regelmäßige Prüfung der Aktualität. Der Bedarf für die vorliegende Überarbeitung ergab sich aus eingetretenen Veränderungen in Hinsicht auf Gesetze und Verordnungen und vor allem aus dem Zuwachs an Wissen und Erfahrung zu gewässerökologischen Grundlagen und zu Planung, Durchführung und Erfolgsaussichten von Maßnahmen zur Sanierung und Neuanlage von Altgewässern.
Frist zur Stellungnahme
Das Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“ wird bis zum 31. Dezember 2023 öffentlich zur Diskussion gestellt. Hinweise und Anregungen sind schriftlich, vorzugsweise in digitaler Form, zu richten an:
DWA-Bundesgeschäftsstelle, M. Sc. Lutz Breuer, Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef; E-Mail: soelter@dwa.de
Für den Zeitraum des öffentlichen Beteiligungsverfahrens kann der Entwurf kostenfrei im DWA-Entwurfsportal eingesehen werden: www.dwa.de/entwurfsportal. Dort ist auch eine digitale Vorlage zur Stellungnahme hinterlegt. Im DWA-Shop ist der Entwurf als Printversion oder als E-Book im PDF-Format erhältlich.
Entwurf Merkblatt DWA-M 607 „Altgewässer – Ökologie, Sanierung und Neuanlage“, Oktober 2023, 52 Seiten, ISBN: 978-3-96862-610-9, Ladenpreis: 75 Euro, fördernde DWA-Mitglieder: 60 Euro, Kombi E-Book & Print. 97,50 Euro; Kombi für fördernde DWA-Mitglieder: 78 Euro
Herausgeberin und Vertrieb
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