Koalitionsvertrag stellt Weichen für Klimaanpassung und nachhaltigen Gewässerschutz

Bei Novellierung der Abwasserabgabe noch viele Fragen offen

Hennef.  Anpassung an den Klimawandel, klimafeste Wasserinfrastruktur, Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstrategie und integriertes Wassermanagement, Novellierung des Abwasserabgabengesetzes zur Verbesserung des Gewässerschutzes, Vermeidung von Spurenstoffen und Mikroplastik, Reduzierung der Stickstoffeinträge – SPD, Grüne und FDP stellen im Koalitionsvertrag die Weichen für Klimaanpassung, Gewässerschutz und Hochwasservorsorge. „Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung findet in vielen Punkten unsere volle Zustimmung“, betont DWA-Präsident Prof. Uli Paetzel. Dies gelte insbesondere für die Klimaanpassung im urbanen Raum, für die die Koalitionspartner eine gemeinsame Bund-Länder-Finanzierung vorsehen. Ausreichende Finanzmittel seien hier dringend notwendig, aktuell seien entsprechende Projekte deutlich unterfinanziert, so Paetzel. Der Fördertopf müsse daher entsprechend ausgestattet werden.

Klimaanpassung

Wasser ist ein zentraler Baustein der Klimaanpassung, insbesondere im urbanen Raum. Die DWA unterstützt das Ziel der Koalitionspartner, mittels eines Klimaanpassungsgesetzes gemeinsam mit den Bundesländern eine nationale Klimaanpassungsstrategie zu schaffen und die Wasserinfrastruktur klimafest zu gestalten – sowohl zur Starkregenvorsorge als auch hinsichtlich langer und heißer Trockenphasen. Sie begrüßt die vorgesehene Stärkung und Finanzierung von Renaturierungsmaßnahmen zur resilienten Entwicklung der Ökosysteme, wie Moore, Wälder und Auen oder Grünland, im Rahmen eines Aktionsprogrammes Natürlicher Klimaschutz.

Wasserwirtschaftliche Extremereignisse werden aufgrund des Klimawandels zukünftig deutlich häufiger und intensiver auftreten. Bei extremen Niederschlagsereignissen wie im Sommer dieses Jahres können Überflutungen nicht durch Wasserrückhalt in der Fläche und technischen Hochwasserschutz verhindert werden. Vor diesem Hintergrund findet die angekündigte Überprüfung des Ausnahmekatalogs für die Genehmigung von Bauvorhaben in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten die volle Zustimmung der DWA. Gleiches gilt für die geplante KfW-Förderung bei der privaten Hochwasservorsorge und die im Bereich Städtebau festgeschriebene Unterstützung der Kommunen bei der Starkregenprävention. Dies gilt insbesondere für die im Koalitionsvertrag angekündigte verstärkte Entsieglung.

Gewässerschutz

Im Koalitionsvertrag kündigen SPD, Grüne und FDP an, die EU-Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz des Wassers als öffentliches Gut konsequent und zügig umzusetzen. Hierfür muss die Bundesregierung vor allem die bestehenden Umsetzungshindernisse abbauen, größtes Umsetzungshindernis ist weiterhin, noch vor begrenzten finanziellen Mitteln und dem Fachkräftemangel, die fehlende Flächenverfügbarkeit. Hier muss die Politik den entsprechenden Rahmen gestalten – dies gilt auch für viele Projekt im Bereich Hochwasservorsorge.

Bei der Novellierung des Abwasserabgabengesetzes wollen die Koalitionspartner Anreize zur effizienten Vermeidung von Gewässerverunreinigungen setzen. Hier ist der Koalitionsvertrag noch sehr unscharf. Klare Regelungen und weniger Bürokratie sind hier sinnvoll. Adressat von Anreizen zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen darf nicht alleine die Wasserwirtschaft sein. Nötig ist ein Verständnis des Verursacherprinzips, dass an den Quellen der Eintragspfade ansetzt und in diesem Sinne konsequent umgesetzt wird. Deshalb begrüßt die DWA, dass der Eintrag von wassergefährdenden Stoffen durch eine Beschränkung dieser Stoffe auf essenzielle Verwendungen reduziert werden soll.

Beim Thema Mikroplastik setzt die Koalition auf ein europäisches Verbot von bewusst beigefügten Mikroplastik in Kosmetika und Waschmitteln sowie von flüssigen Polymeren. Diese Maßnahmen werden zum Gewässerschutz beitragen. Die Politik darf sich aber nicht auf diese ordnungspolitischen Ansätze beschränken. Die DWA fordert zur Umsetzung des Verursacherprinzips die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für den Wasserbereich, idealerweise europaweit. Die erweiterte Herstellerverantwortung muss auch ein Finanzierungskonzept enthalten, um die Produzenten, Verarbeiter und Vertreiber von Erzeugnissen, die bei bestimmungsgemäßer Verwendung Gefahren für die Gewässer bedeuten können, angemessen an den Kosten der Reduzierung der Gefahren, insbesondere bei einem notwendigen Ausbau der Kläranlagen, zu beteiligen. Eine solche Herstellerverantwortung kann aufgrund der Lenkungswirkung die von der Koalition angekündigten Anreize zur effizienten Vermeidung von Gewässerverunreinigungen setzen.

Trockenheit und Wasserwiederverwendung

Wasserknappheit ist kein reines südeuropäisches Thema mehr, dies haben die Sommer 2019 und 2020 unter Beweis gestellt. Dies ist auch Teil der Nationalen Wasserstrategie, die die neue Regierungskoalition weiter auf den Weg bringen will. Die DWA unterstützt die Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstrategie und das damit verbundene nachhaltige Wassermanagement. Die Regelungen zur Wassernutzung dürfen sich aber nicht auf einen Vorrang der Trinkwasserversorgung beschränken. Auch für die weiteren Wassernutzungen müssen klare Rahmenbedingungen gesetzt werden. Industrie, Landwirtschaft, Tourismus und Energiewirtschaft haben berechtigte Nutzungsansprüche. Dies gilt aber auch für ökologisch intakte Gewässer, die auf eine Mindestwasserführung angewiesen sind. Die DWA begrüßt daher, dass die neue Bundesregierung ihre Forderungen nach einem integrierten Wassermanagement aufgreifen will.

Die von der Koalition angekündigte rasche Umsetzung der EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung sowie dessen rechtssichere Ausgestaltung kann einen sinnvollen Beitrag zur sicheren Versorgung aller Nutzungsinteressen leisten. Insbesondere bezüglich hygienischer Anforderungen der Wasseraufbereitung und Haftung sind aber noch wichtige Fragen offen.

Landwirtschaft

Hinsichtlich der Nitratproblematik erklärt die Koalition, alle notwendigen Maßnahmen ergreifen zu wollen, um die europarechtlichen Verpflichtungen zur Minderung von Stickstoffeinträgen in Wasser und Luft sicher zu erreichen. Die drohenden Strafzahlungen an die EU aufgrund der Verletzung der Nitratlichtlinie sollen dadurch verhindert werden. Der aktuelle Stand der Düngeverordnung reicht hierfür nicht aus. In Regionen mit flächenunabhängiger intensiver Tierhaltung kommt es durch die hohe Anzahl von Tieren auf zu geringer Fläche zu Entsorgungsproblemen mit Gülle, Jauche und Mist und damit oft zu Nitratbelastungen der Gewässer. Nach wie vor fehlt eine sachgerechte Bilanzierung der Düngung in den landwirtschaftlichen Betrieben, eine angemessene Reduzierung der Nährstoffüberschüsse und ausreichende Kontrollen.

Die Bundesregierung muss dafür Sorge tragen, dass sich die Landwirtschaft rasch umweltschonender entwickeln kann. Ein Schlüssel dafür ist die Gemeinsame Agrarpolitik, die den Mitgliedsstaaten Gestaltungsmöglichkeiten einräumt, die nun für den Wandel genutzt werden müssen. Dazu zählt auch ein deutlich verminderter Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft. Die DWA begrüßt auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht das Vorhaben der Koalitionspartner, den wirkstoff- und anwendungsbezogenen Antibiotikaeinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben zu erfassen und zu senken.

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