Kommunalabwasserrichtlinie mit Augenmaß umsetzen – wasserwirtschaftliche Klimafolgenanpassung deutlich forcieren

DWA-Politikmemorandum „Zukunft der Wasserwirtschaft gestalten“

Hennef. Der Klimawandel stellt die Gesellschaft vor gewaltige wasserwirtschaftliche Herausforderungen, die EU setzt mit der Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie einen Meilenstein für den Gewässerschutz. Deutschland muss die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen zur Klimaanpassung zeitnah und flächendeckend auf den Weg bringen, die Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie pragmatisch, mit Augenmaß und ohne nationale Verschärfungen in nationales Recht umsetzen und die Finanzierung von wasserwirtschaftlicher Klimafolgenanpassung und optimiertem Gewässerschutz sicherstellen; dies sind die Kernforderungen der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) im aktuellen Politikmemorandum. „Die Wasserwirtschaft ist sich ihrer Verantwortung und Aufgaben sehr bewusst. Die notwendigen Maßnahmen dürfen nicht länger aufgrund von Personalengpässen oder Finanzierungsfragen vertragt werden. Die Politik ist gefordert, den finanziellen und regulatorischen Rahmen für eine zeitnahe Umsetzung zu schaffen. Untätigkeit wird am Ende deutlich teurer,“ betont Dr. Lisa Broß, Sprecherin der DWA-Bundesgeschäftsführung bei, der Übergabe des Politikmemorandums an die umweltpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der im Bundestag vertretenen Parteien.

Kommunalabwasserrichtlinie – Meilenstein für den Gewässerschutz erfordert milliardenschwere Investitionen

Die Novellierung der seit 1991 in Kraft befindlichen EU-Kommunalabwasserrichtlinie stellt einen Meilenstein für den europäischen Gewässerschutz dar, die Verabschiedung der Novellierung der wichtigsten europäischen Richtlinie für die Siedlungswasserwirtschaft steht am 11. April auf der Agenda des EU-Parlaments. Mit der Novellierung verschärft die EU die Grenzwerte für Phosphor und Stickstoff und schreibt der Branche mittelfristig Energieneutralität vor. Zudem fordert sie einen großflächigen Ausbau der Kläranlagen um eine sogenannte vierte Reinigungsstoffe zum Abbau von Spurenstoffen, in erster Linie von Arzneimittelrückständen. Finanziert werden soll die weitergehende Abwasserbehandlung über eine Erweiterte Herstellerverantwortung, Hersteller und Inverkehrbringer von Humanarzneimitteln und Kosmetika sollen 80 Prozent der Investitions- und Betriebskosten der vierten Reinigungsstufe übernehmen.

Gewässerschutz ist Kernaufgabe der DWA. Die Ziele der EU, den Schutz der Gewässer vor Schadstoffeinträgen und den Schutz des Klimas durch Energieneutralität, unterstützt die DWA voll umfänglich. Die Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie löst aber auch erhebliche Investitionen aus, die zusätzlich zur Erneuerung und Sanierung der abwasserwirtschaftlichen Infrastruktur gestemmt werden müssen. Hier braucht es Finanzierungskonzepte, die den Herausforderungen angemessen sind, wie Förderprogramme oder zinsverbilligte Darlehen. Die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht muss zudem pragmatisch und mit Augenmaß erfolgen. Nationale Verschärfungen und Alleingänge, wie aktuell beispielsweise bei der Überwachungsmethodik für Phosphor und Stickstoff, müssen unbedingt vermieden werden.

Von hoher Bedeutung für die DWA ist die Umsetzung der Erweiterten Herstellerverantwortung in das deutsche Recht. Die EU macht diesbezüglich keine konkreten Vorgaben, sondern überlässt explizit den einzelnen Mitgliedsstaaten die rechtliche und ökonomische Ausgestaltung. Aktuell verfügen in Deutschland gut 80 Abwasserbehandlungsanlagen über eine Reinigungsstufe zum signifikanten Abbau von Spurenstoffen. Fachleute schätzen, dass bis 2045 rund 1700 der insgesamt gut 9000 Kläranlagen in Deutschland um eine entsprechende Reinigungsstufe erweitert werden, um die Vorgaben der EU zu erfüllen. Die Erweiterte Herstellerverantwortung muss national so ausgestaltet werden, dass die Finanzierung, wie von der EU vorgeschrieben, verursachungsgerecht über die Industrie erfolgt. Die Abwasserwirtschaft braucht für dieses milliardenschwere Investitionspaket Planungs-, Rechts- und Finanzierungssicherheit. Die Kosten dürfen nicht über die Gebühren auf die Bürger- und Bürgerinnen abgewälzt werden.

Wasserwirtschaft Klimafolgenanpassung zeitnah und flächendeckend umsetzen

Der Klimawandel hat erhebliche Auswirkungen auf das Wasserdargebot. Wasser ist schon immer eine zentrale Ressource, die phasenweise und örtlich im Übermaß vorhanden ist, mit der entsprechenden Gefahr von auch großflächigen Überflutungen, dann aber auch über längere Zeiträume knapp wird. Die jederzeit sichere Wasserversorgung von Industrie, Gewerbe, Land-, Forst- und Energiewirtschaft sowie Natur kann auch in Deutschland nicht jederzeit und überall gewährleistet werden. Der Klimawandel verstärkt diese Tendenzen durch vermehrt stationäre Wetterlagen. Die Wasserwirtschaft muss die Überflutungsvorsorge weiter nachdrücklich verfolgen und sich gleichzeitig auf Dürre, Trockenheit und Niedrigwasser vorbereiten. Dazu brauchen wir einen naturnahen Landschaftswasserhaushalt und ein Ende der massiven Bodenversiegelung. Zudem wird der Ausbau- und Neubau von Wasserspeichern und eine gezielte Wasserwiederverwendung benötigt. Wir müssen die wasserbewusste Stadtentwicklung nachdrücklich betreiben und in der Fläche forcieren. Die DWA fordert die Bundespolitik auf, die grundsätzlich richtige bauliche Nachverdichtung im urbanen Raum unbedingt in Konzepte zur wasserbewussten Stadtentwicklung einzubinden und Bau- und Wasserrecht entsprechend zu gestalten. Die DWA macht hier konkrete Vorschläge.

Für die Verbesserung der Überflutungsvorsorge muss der technische Hochwasserschutz – Deiche, Mauern, Regenrückhaltebecken – flächendeckend auf den Stand der Technik gebracht und auch ausgebaut werden. Ein Starkregenrisikomanagement muss analog zum europarechtlich vorgegebenen Hochwasserrisikomanagement verbindlich im Wasserrecht geregelt und als zwingender Bestandteil in die Bauleitplanung eingebunden werden. Starkregengefahrenkarten müssen auf Grundlage bundeseinheitlicher Bewertungsstandards erstellt und für die Bevölkerung jederzeit lesbar und nachvollziehbar sein. Zudem sind starke Anreize zur Eigenvorsorge der Bevölkerung notwendig – Überflutungsvorsorge beginnt beim zu schützenden Objekt!

Die Anpassung an den Klimawandel und die Erhöhung der Resilienz ist jetzt unsere Pflichtaufgabe und darf nicht länger aufgrund von Personalengpässen oder von Finanzierungsfragen vertagt werden. Untätigkeit wird am Ende teurer. Die Politik muss den entsprechenden Rahmen für zeitnahe Umsetzungen schaffen. Auch hier ist Planungs- und Finanzierungssicherheit zu schaffen. Die Finanzierung der wasserbewussten Stadtentwicklung darf nicht auf Projektförderung basieren. Die DWA plädiert dafür, einen Teil der Einnahmen aus der CO2-Abgabe verursachungsgerecht dafür bereitzustellen und Finanzierungsmöglichkeiten über Abwasserentgelte vorzusehen.

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