Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.
Hennef. Die Talsperren in Deutschland sind ausreichend gefüllt. Trotz der deutlich unterdurchschnittlichen Niederschläge in den letzten Monaten und Jahren sind die Talsperren für die nächsten Monate gerüstet, die Wasserwirtschaft ist gut aufgestellt. Der Klimawandel wird sich in den nächsten Jahren aber noch stärker als bisher auf die regionalen Wasserhaushalte auswirken. Die Rezepte der Vergangenheit helfen daher nicht für die Zukunft. Bundesumweltministerin Svenja Schulze fordert aktuell bereits klare Regelungen für die Nutzung von Wasser. Die DWA teilt diese Position. „Um allen Nutzern auch zukünftig eine sichere Versorgung garantieren zu können, sei eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über eine sinn- und maßvolle Wasserverwendung notwendig. Dabei muss aber klar sein, das die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser absolute Priorität hat.“, betont Prof. Dr.-Ing. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Essener Ruhrverbandes und Präsidiumsmitglied der DWA Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall.
Die aktuell noch relativ entspannte Situation untermauern Zahlen der großen deutschen Talsperrenbetreiber. Beim Ruhrverband selbst liegt der Füllstand der Talsperren Mitte August bei gut 70 Prozent. Ähnliche Zahlen meldet die Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen. Die Füllstände der Talsperren schwanken hier zwischen 23 und 90 Prozent, die meisten sächsischen Talsperren weisen aktuell einen Füllstand von über 80 Prozent auf. Etwas angespannter die Situation bei den Harzwasserwerken. Hier beträgt der durchschnittliche Füllstand lediglich 50 Prozent, rund 14 Prozentpunkte unter dem für diese Jahreszeit eigentlich üblichen Wert. Akuter Handlungsbedarf besteht aber laut den Harzwasserwerken nicht, der Füllstand entspreche dem Niveau des Sommers 2018. Aufgrund der aktuellen Situation und vor allem aufgrund der mittelfristigen Niederschlagsprognosen für den Großraum Harz erwägen die Harzwasserwerke aber auch Investitionen in die Infrastruktur, um die vielfältigen Nutzungsansprüche auch langfristig gewährleisten zu können.
Denn nur die wenigsten Talsperren dienen ausschließlich der Trinkwasserversorgung. Talsperren sind in der Regel multifunktional, das Aufgabenspektrum reicht von der Niedrigwasseraufhöhung und Gewährleistung einer Mindestwasserführung der Flüsse über die Versorgung der Industrie mit Brauch-und Kühlwasser bis zum Hochwasserschutz und zur Bereitstellung von Bewässerungswasser für die Landwirtschaft. Dazu kommen die Energiegewinnung und touristische Nutzungen.
Noch können die Talsperren auch in trockenen Jahren die Nachfrage aller Nutzer decken. Um dies aber auch langfristig garantieren zu können, ist ein Umdenken erforderlich. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) prognostiziert in seinem Monitoringbericht zu den Klimawandelfolgen erhebliche Veränderungen im Niederschlagsregime. Einer Zunahme von Starkregenereignissen auf der einen Seite – sowohl bezüglich der Intensität als auch der Häufigkeit – stehen immer längere und heißere Trockenphasen gegenüber.
Dass Trockenheit und Dürre bereits heute in vielen Regionen ein Thema ist, zeigt die Niederschlagsauswertung der letzten Monate. Das Frühjahr 2020 zählt zu den sechs niederschlagsärmsten seit 1881. Zum siebten Mal in Folge konnte der Frühling bundesweit sein Soll von 186 Litern pro Quadratmeter nicht erfüllen, mit 108 Litern pro Quadratmeter erreichte das Frühjahr 2020 lediglich gut 50 Prozent der normalen Niederschlagsmenge. Der Sommer brachte keine großen Änderungen. Auf einen normalen Juni folgte ein extrem trockener Juli.
Sichtbar sind die Folgen dieser anhaltenden Trockenheit nicht nur in vielen Gewässern, sondern besonders in den Wäldern und in der Landwirtschaft. Vor allem in der Landwirtschaft steigt der Bewässerungsbedarf rapide an. Forscher der TU Dresden legen in einer aktuellen Studie dar, dass sich der Bewässerungsbedarf in den neuen Bundesländern in den nächsten Jahren verzehnfachen wird.
Ein deutlich steigender Bedarf an einer begrenzten und knapper werdenden Ressource, der auf erhebliche Nutzungskonkurrenz trifft. Einer knappen Ressource, die anders als beispielsweise Strom nicht kostengünstig über weite Strecken transportiert werden kann. Wasserangebot und Wassernachfrage müssen lokal, maximal regional, in Einklang gebracht werden. Der seitens der EU-Kommission mit der Verordnung über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung forcierte Water Reuse kann dabei nur punktuell eine Lösung sein, aber nicht in der Fläche. In der Regel fällt dort viel Abwasser an, wo wenig Landwirtschaft betrieben wird. In Gebieten mit ausgeprägter Landwirtschaft wohnen hingegen nur wenig Menschen, es steht dementsprechend nur wenig Abwasser zur Aufbereitung und Wiederverwendung zur Verfügung.
Notwendig ist aus diesen Gründen ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs über die zukünftige Wassernutzung. Absolute Priorität steht der Trinkwasserversorgung im engeren Sinne zu. Im engeren Sinne, da sich diese Priorität auf die wirkliche Trinkwasserversorgung beschränken muss. Private Nutzungen wie Autowaschen und das Füllen des Pools müssen sich genauso der gesellschaftlichen Diskussion stellen wie die Bewässerung in der Landwirtschaft, wie die Wassernutzung in der Industrie oder wie die Kühlwassernutzung in der Energiewirtschaft. Und trotz der großen ökonomischen Bedeutung dieser Interessen, auch die Aufrechthaltung einer Mindestwasserführung für ökologisch intakte Gewässer muss eine angemessene Berücksichtigung finden. Für eine zukunftsfähige Wassernutzung muss ein gesamtgesellschaftlicher Konsens gefunden werden, der alle Nutzungsansprüche angemessen berücksichtigt. Für diese Konsensfindung steht die DWA. Im Interesse eines sorgsamen Umgangs mit der kostbaren und begrenzten Ressource Wasser.
Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.