Gründung einer DWA-Arbeitsgruppe zur ökologischen Vernetzung von Fließgewässern

Vorhabensbeschreibung und Aufruf zur Mitarbeit

Hennef, 1. Januar 2024. Die DWA plant eine neue Arbeitsgruppe zur ökologischen Vernetzung von Fließgewässern im Fachausschuss GB-1 „Ökologie und Management von Flussgebieten“ des DWA-Hauptausschusses „Gewässer und Boden“ zu gründen.

Die ökologische Durchgängigkeit im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie umfasst vor allem die longitudinale Durchgängigkeit in einem Fließgewässer für wandernde aquatische Organismen (Fische, Wirbellose) und Feststoffe wie Schwebstoffe, Sedimente und Geschiebe.

Für viele Arten der Fische sind Wanderungen zwischen unterschiedlichen Lebensräumen (Laich-, Nahrungs- und Winterhabitaten) eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung von lebensfähigen Populationen. Für viele Wirbellose ist aber nicht nur eine Durchgängigkeit im Gewässer selbst wichtig, sondern auch eine Vernetzung mit terrestrischen Habitaten, wie zum Beispiel Ufergehölze als Schwarm- und Aufenthaltsplätze.

Die Erreichbarkeit von ausreichend großen Lebensräumen mit entsprechender Habitatqualität, die Vernetzung von Haupt- und Nebenläufen, aber auch die laterale Vernetzung von Gewässer- und Auenbiotopen werden von vielfältigen Faktoren beeinflusst. Durch die intensive Nutzung der Gewässer ist die longitudinale und laterale Durchgängigkeit von Gewässersystemen vielfach gestört:

  • Die im Lebenszyklus vieler aquatischer Organismen notwendige, auf- und abwärts gerichtete Wanderung innerhalb eines Fließgewässersystems ist durch Querbauwerke unterbrochen oder nur noch eingeschränkt möglich.
  • Der Geschiebe- und Sedimenthaushalt sowie die Gewässerstrukturen sind gegenüber den naturräumlichen Gegebenheiten stark verändert.
  • Die für einige aquatische, amphibische und terrestrische Arten erforderlichen Auen und Nebengewässersysteme sind häufig durch bauliche Maßnahmen oder nutzungsbedingt vom Gewässerlauf abgekoppelt.
  • Auch Wasserentnahmen, Ausleitungen und sonstige Barrieren können die Durchgängigkeit unterbrechen.
  • Der Sedimenttransport wird durch Bauwerke unterbrochen oder verlangsamt, was zu Beispiel Kolmatierung oder Verschlickung der natürlichen Substrate im Staubereich zur Folge hat. Unterhalb von Bauwerken kann es zu Feststoffdefiziten kommen, sodass die natürlichen Sohlsubstrate und damit die gewässertypischen besiedelbaren Habitate verändert werden oder es im Unterwasser sogar zu übermäßiger Erosion und damit zu weiterer Eintiefung und Entkopplung von der Aue kommt.

Zur Bewertung der Durchgängigkeit für Fische und Sedimente wurden Kriterien durch die LAWA-Verfahren entwickelt. Das Verfahren zur Bewertung der Fischdurchgängigkeit (Auf- und Abstieg) stützt sich dabei ausschließlich auf die longitudinale Durchgängigkeit, das Verfahren zur Bewertung der Sedimentdurchgängigkeit weitgehend auf technische Parameter einzelner Bauwerke.

Auf eine Gesamtbetrachtung eines Einzugsgebietes bezüglich der ökologischen Durchgängigkeit mit allen longitudinalen und lateralen Beziehungen wird selten näher eingegangen. Nutzungsbedingte Folgeeffekte (Sekundäreffekte) wie zum Beispiel Wasserentnahmen, Staubereiche (mit Kolmatierung, Temperaturerhöhung, Sauerstoffverminderung …) oder physikalisch-chemische Barrieren (Temperatur, Schadstoffe, veränderter Abfluss, Trockenfallen des Gewässers, künstliche Beleuchtungen), die longitudinale und laterale Habitat-Vernetzung durch Ufergehölze sowie Anforderungen an Mindesthabitatgrößen und Biotopverbunde für Fische und adulte Insekten wurden bislang nicht berücksichtigt. Neben Fischen und wirbellosen Gewässerorganismen werden zudem auch größere Säugetiere, wie Fischotter oder Biber, in ihren Wanderungen behindert.

Die bei der DWA bestehende Expertise sollte genutzt werden, um die aktuelle Bedeutung des Themas durch eine Veröffentlichung zu unterstreichen, in der die Problemlage und die besten Praktiken zur Verbesserung der Durchgängigkeit im Einzugsgebiet über die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie hinaus aufgezeigt werden.

Im Einzelnen sollten zum Beispiel folgende Aspekte von der zu gründenden Arbeitsgruppe analysiert und in einem Themenband dargestellt werden:

  • Sind (internationale) Verfahren, Ansätze oder zum Beispiel Schwellenwerte zur Beurteilung der Wirkung physikalisch-chemischer Barrieren bekannt und sind diese auf bundesdeutsche Verhältnisse übertragbar?
  • Welche Hindernisse sind für die Durchgängigkeit zu betrachten?
    a) natürliche Einflussgrößen, wie Typwechsel, Karstbereiche oder natürlicherweise trockenfallende Abschnitte, Biberdämme
    b) weitere anthropogene Einflussgrößen, wie Sohlveränderungen, Wasserentnahmen, fehlende Ufergehölze
  • Welche Faktoren wirken auf die longitudinale und laterale Habitat-Vernetzung durch Ufergehölze und welche Maßnahmen stehen zur Verbesserung zur Verfügung?
  • Kann durch Einbeziehung der longitudinalen und lateralen Habitat-Vernetzung in die gewässerökologische und wasserwirtschaftliche Betrachtung ein Brückenschlag zum Naturschutz und einer angemessenen Berücksichtigung der Auen gelingen?
  • Welche Mindesthabitatgrößen sind – gegebenenfalls gewässertypanhängig – für verschiedene Organismengruppen bekannt?
  • Welcher konkrete Forschungsbedarf besteht in diesem Themenfeld?

In der Arbeitsgruppe sollen neben Vertreter*innen aus der Wissenschaft auch Ingenieur- und Planungsbüros, Verbände und kommunale bzw. staatliche Stellen beteiligt sein. Zur Mitarbeit sind alle interessierten Fachleuten mit entsprechenden Kenntnissen eingeladen. Hinweise und Anregungen zu diesem Vorhaben nimmt die DWA-Bundesgeschäftsstelle gerne entgegen.

Bewerbungen von jungen Berufskolleg*innen sind ausdrücklich willkommen.

Interessent*innen melden sich bitte mit einer themenbezogenen Beschreibung ihres beruflichen Werdegangs bis zum 1. März 2024 bei:

DWA-Bundesgeschäftsstelle
Lutz Breuer, M.  Sc.
Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef
Tel. 0 22 42/872-305, Fax 0 22 42/872-184
E-Mail: lutz.breuer@dwa.de

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