Abwasserbehandlung: Frachtreduktion im Jahresmittel entscheidend für den Gewässerschutz

Wasserwirtschaft und kommunale Spitzenverbände fordern Abschaffung der qualifizierten Stichprobe

Hennef / Berlin. Höherer finanzieller Aufwand, höherer Strom- und Fällmitteleinsatz, höherer Verwaltungsaufwand – ohne Nutzen für den Gewässerschutz. Deutschland muss den nationalen Sonderweg bei der Überwachungsmethodik zur Einhaltung der Vorgaben für Stickstoff und Phosphor im Kläranlagenablauf unbedingt verlassen. Zur Sicherstellung einer Vergleichbarkeit der Anforderungen in Europa, zur Angleichung der Anforderungen an die Vorgaben im Gewässerschutz und zur Vereinfachung der behördlichen Überwachung muss die Überwachungsmethodik im Zuge der nationalen Umsetzung der Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie vereinheitlicht werden. „Die qualifizierte Stichprobe muss abgeschafft werden, es ist Zeit, den deutschen Sonderweg zu beenden,“ fordern die führenden Verbände der deutschen Wasserwirtschaft und die kommunalen Spitzenverbände in einer gemeinsamen Position zur Überwachungsmethodik für Phosphor und Stickstoff.

In allen EU-Mitgliedstaaten erfolgt die europarechtlich vorgegebene Überwachung durch 24h-Mischproben auf Basis von Jahresmittelwerten. Einzig Deutschland setzt auf die von den europarechtlichen Regelungen abweichende und deutlich anspruchsvollere Überwachung auf Basis der qualifizierten Stichprobe beziehungsweise auf eine 2h-Mischprobe auf Basis einer 4 aus 5 Regel. Die qualifizierte Stichprobe hat aber vor allem einen vollzugsunterstützenden Hintergrund, führt aber nicht zu mehr Gewässerschutz. Entscheidend für den Gewässerschutz ist die eutrophierungsrelevante Nährstoffbelastung im Mittel eines längeren Zeitraums, nicht aber mögliche Ablaufspitzen. Konsequenterweise sieht auch die deutsche Oberflächengewässerverordnung Jahresmittelwerte für die Einordnung des Gewässerzustands vor. Die 1:1-Übernahme der europäischen Überwachungsmethodik führt zur Angleichung.

Die deutsche Überwachung mithilfe von Kurzzeitproben und einem stark sanktionierenden ordnungs- und strafrechtlichen Überwachungssystem verursacht einen deutlich erhöhten finanziellen Aufwand und mehr Ressourcenverbrauch, ohne damit mehr Gewässerschutz zu erreichen. Dies gilt insbesondere bei der Auslegung von biologischen Reinigungsstufen (z.B. höheres Beckenvolumen) wie auch im Betrieb (z.B. höherer Strom- und Fällmittelbedarf und gewässerbelastende Salzfracht). Die 1:1-Übernahme der europäischen Überwachungsmethodik führt zu mehr Ressourceneffizienz.

Die Überwachung durch behördliche Probenahme vor Ort hat einen erheblichen Personalaufwand zur Folge, da in allen Bundesländern die Betreiber zu umfangreicher eigener, qualitativ hochwertiger Selbst- oder Eigenüberwachung verpflichtet sind. Die 1:1-Übernahme der europäischen Überwachungsmethodik führt zu deutlich reduziertem Personalaufwand bei den Überwachungsbehörden.

Die deutsche, mit dem Abwasserabgabengesetz und der Abwasserabgabe verknüpfte Überwachungsmethodik führt regelmäßig zu überproportional hoher Abwasserabgabe bei nur geringfügigen Störungen, beispielsweise in der Nachklärung, ohne dass damit der Gewässerschutz erhöht wird. Die 1:1-Übernahme der europäischen Überwachungsmethodik ermöglicht eine direkte und verursachergerechte Bemessung der Abwasserabgabe auf Basis von Jahresfrachten.

Mit der anstehenden Umsetzung der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie sollte in Deutschland auch eine Anpassung an die europäische Überwachungsmethodik realisiert werden. Nur hierdurch können die immer knapper werdenden Ressourcen bestmöglich genutzt und zugleich ein Optimum für den Gewässerschutz erreicht werden.

Strengere Vorgaben durch Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie

Die auf europäischer Ebene am 10. April 2024 vom Parlament verabschiedete Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie sieht unter anderem neue und anspruchsvollere Vorgaben für die Elimination von Stickstoff (N) und Phosphor (P) vor. Für Phosphor fordert die Richtlinie für Anlagen größer 150.000 Einwohnerwerte (EW) Konzentrationswerte von 0,5 mg/l Pges oder eine Eliminationsrate von 90%. Für Anlagen größer 10.000 EW legt die Kommunalabwasserrichtlinie eine maximale Konzentration im Ablauf von 0,7 mg/l Pges fest, alternativ eine Eliminationsrate von 87,5%. Nach der deutschen Abwasserverordnung sind bislang von Kläranlagen der Größenklasse Vier (10.000 bis 100.000 EW) 2 mg/l Pges und von Anlagen der Größenklasse Fünf (größer 100.000 EW) 1 mg/l Pges einzuhalten. Europarechtlich geregelte Eliminationsraten finden in Deutschland keine Anwendung.

Für Stickstoff sieht die Richtlinie Konzentrationswerte von 8 mg/l Nges für Anlagen größer 150.000 EW und 10 mg/l Nges für Anlagen größer 10.000 EW vor, alternativ gilt hier eine Eliminationsrate von 80%. Nach der Abwasserverordnung sind bislang von Kläranlagen der Größenklasse Vier 18 mg/l Nanorg und von Anlagen der Größenklasse Fünf 13 mg/l Nanorg einzuhalten. Eliminationsraten finden auch bei Stickstoff in Deutschland nach der Abwasserverordnung keine Anwendung.

Position der Verbände zur Überwachungsmethodik für Phosphor und Stickstoff: www.dwa.info/stellungnahmen

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